Als Musikliebhaber wollte ich unbedingt einen Master in unseren Reihen wissen, der oder die das breite Feld der Musik möglichst umfassend abdeckt. Er/sie sollte einem breiten Publikum bekannt sein. Eine, wenn möglich, weltweit anerkannte Koryphäe und ein Mensch, dem es Spaß macht Wissen zu vermitteln.
Ein relativ guter Gradmesser für die Tauglichkeit unseres Profils bin ich selber. D.h. ich muss von jemandem begeistert, wenn nicht gar elektrisiert sein, wenn ich diesen in Ausübung seiner Profession beobachte. In diesem Zusammenhang fiel mir eine Geschichte ein.
Sie liegt schon ein paar Jahre zurück. Ich glaube, es war der Sommer 2018, als unser Freund Alexander Stecher uns zu einer Preisverleihung auf die MS Europa, die im Hamburger Hafen vor Anker lag, einlud.
Hauptpreisträger des Abends sollte Jonas Kaufmann werden. Seine Laudatio hielt kein geringerer als Josep Carreras. Also einer der „Drei großen Tenöre!“
Alexander konnte die beiden im Vorfeld überreden gemeinsam aufzutreten. Erstmalig in der Geschichte. Meine Frau Viktoria und ich saßen im Zuschauerraum und wurden Zeuge dieses einmaligen Erlebnisses. Dieses fantastische Duett hat mich in gleich mehrfacher Hinsicht fasziniert. Natürlich gehören die beiden zur absoluten Weltspitze im klassischen Gesang und legten eine entsprechende Performance hin.
Aber sie demonstrierten an diesem Abend noch etwas anderes. Nämlich den Lauf der Zeit. Die erbarmungslose Existenz der Vergänglichkeit, die traurige Erkenntnis, dass nichts so bleibt wie es ist, dass selbst die größten Erfolge, die unglaublichsten Leistungen eines Tages der Vergangenheit angehören und nur noch als abstrakte Anekdoten existieren. In irgendwelchen aussterbenden Köpfen, in verstaubter Lektüre, oder in den Untiefen des Internets.
Anders ausgedrückt – ich sah, wie der noch jugendlich anmutende Jonas den doch merklich in die Jahre gekommenen Josep förmlich an die Wand sang. Der puren Kraft und Energie, die aus Jonas geschulten Lungen strömte, vermochte Josep „nur“ sein übergroßes Talent und seine Erfahrung entgegenzusetzen.
Und das war an diesem Abend einfach nicht genug, um dieser überwältigenden Performance von Jonas Paroli bieten zu können. Man hat hier in dreißig Minuten eine Wachablösung erleben können. Mit ansehen dürfen oder auch müssen, wie die Jugend in großen Schritten an dem Alter vorbeizieht. Faszinierend einerseits, aber, irgendwie auch traurig.
Wie auch immer – ein Erlebnis, das ich nie vergessen werde.
Und genau an das erinnerte ich mich, als ich unseren Master für Musik suchte. Glücklicherweise saßen wir an diesem besagten Abend noch eine ganze Weile mit Jonas zusammen und lernten uns ein bisschen kennen. Deswegen traute ich mich auch ihn anzurufen und zu fragen, was er von meiner Idee hielt, ihn zu einem unserer Master bei MEET YOUR MASTER zu machen.
Er war ziemlich schnell überzeugt von unserem Format und sagte zu. Trotz seines übervollen Terminkalenders, der ihn ständig zwischen Mailand und New York pendeln lässt. Etwas, das ich ihm nie vergessen werde.
Und wie er sich dann, trotz des vollen Terminkalenders auf diese Arbeit mit uns vorbereitet hat, mit welcher Ernsthaftigkeit und gleichzeitigen Freude er seinen Kurs aufgenommen hat – das sucht auch seinesgleichen.
Es ist ein fantastischer Kurs geworden, in dem ein Großer unserer Zeit über das spricht, was er liebt. Die Musik.
Euer Heiner Lauterbach